Di 4. November 2014 (Bildungs- und Gästehaus)

Inzwischen ist die Abkürzung TTIP einer größeren Öffentlichkeit bekannt. Die Verhandlungen zwischen den USA und der Europäischen Union über die weltweit größte und mächtigste Freihandelszone tragen dieses Kürzel. Was aber verbirgt sich dahinter, wessen Interessen dient das Freihandelsabkommen und welche Folgen hat es – diesen Fragen ging der Ökonom und Journalist Dr. Wolfgang Kessler am 28.10. im vollbesetzten Saal der Pallottikirche an Haus Wasserburg nach.

In seinem Vortrag machte er deutlich, dass es dabei nur am Rande um den Abbau von Handelshemmnissen geht, da zwischen dem europäischen und US-amerikanischen Wirtschaftsraum kaum ernsthafte Beschränkungen bestünden. Was aber kann dann das Interesse sein?
Kessler zeigte die Weltmachtambitionen auf, die angesichts der Wirtschaftsmacht Chinas ein starkes Gegengewicht darstellen möchte. Dabei sei allerdings ein Freihandelsabkommen nicht von vornherein problematisch. Insbesondere zwischen wirtschaftlich schwachen Ländern könne dies wichtige Effekte für die erfolgreiche Teilnahme am Welthandel liefern. Im konkreten Fall aber werde eine wirtschaftliche Dominanz anvisiert, die insbesondere für die armen und schwachen Länder der Erde dramatische Folgen haben dürfte.

Aber auch für die Menschen in Europa können die Konsequenzen ernst sein. Nicht allein die noch völlig ungeklärten Fragen der Verbindlichkeit sozialer und ökologischer Stan-dards, sondern auch die neuen juristischen Regeln, wonach Unternehmen Staaten verkla-gen können, wenn diese Gesetze verabschieden, in deren Folge Unternehmensgewinne geringer werden, können für uns alle unabsehbare Konsequenzen haben.
All dies mache deutlich, dass die Politik sich immer mehr den wirtschaftlichen Interessen unterwerfe.

Dr. Kessler zeigte mit dem Konzept der Gemeinwohlorientierung einen interessanten und gerade für eine christliche Kritik am bestehenden Kapitalismus konstruktiven Gegenentwurf auf.
In der anschließenden Diskussion beteiligten sich viele der Teilnehmenden lebhaft und äußerten ihren Unmut über die mangelnde Transparenz der Geheimverhandlungen.

Eines ist im Verlauf des Abends deutlich geworden: So wichtig Abkommen auch sein mögen, sie dürfen nicht zu einer Entdemokratisierung führen und erst recht nicht zum totalen Markt.