Sa 18. Oktober 2014 (Bildungs- und Gästehaus)

„Ein Lied erklingt und Lachen von Menschen miteinander, kein Mensch mehr ohne den andern.“ 150 InstrumentalistInnen und SängerInnen ließen diese Vision aus dem Lehrgedicht Wirklichkeit werden. Trotz oder gerade wegen der erdrückenden Bilanz fortschreitender Zerstörung unserer Lebensgrundlagen suchten die Projekteilnehmenden poetisch-musikalisch und dazu auf vielfältige andere Weise im begleitenden thematischen Seminar, unter der Federführung von Germanwatch e.V., die Begeisterung für und die Liebe zu unserer Schöpfung und ihren Menschen zu wecken.

Für die Aufführung des Lehrgedichts an diesem Oktobersonntag gab es gleich mehrere gute Gründe. So war es auch der Dank für die zehnjährige fruchtbare Zusammenarbeit und Freundschaft von Haus Wasserburg mit der Amsterdamer Stiftung „De Nieuwe Liefde“. Nicht zuletzt auf inzwischen elf Liedtagen haben die Lehrhaus-Mitarbeiter um Kees Kok und Alex van Heusden bisher verstanden, die Menschen hier vor Ort mit der Gedankenwelt des niederländischen Theologen Huub Oosterhuis für einen biblisch inspirierten, heutigen, politisch bewegten und bewegenden Glauben zu begeistern. Was lag also näher, als sich dem drängendsten Problem unserer Zeit, der bedrohten Erde, thematisch auseinanderzusetzen?

Durch die Ergebnisse der begleitenden Jugendworkshops, vom Jahrmarkttheater vor der Tür, über die gestaltete Eingangshalle bis zur thematischen Film- und Satellitenbildpräsentation, wurde es den rund 300 Zuschauenden erleichtert, den Gesamtzusammenhang wahrzunehmen.

Musikalisch umgesetzt wurde das „Lied der Erde“ vom Lehrhaus-Komponisten Tom Löwenthal, der sein als liturgisches Theater gedachtes Oratorium auf inspirierende Weise selbst leitete. Die Anwendung der verschiedensten musikalischen Stile von Gregorianik bis Bossa Nova, die mit Streichern, Schlagwerk, Tasten und Blech eindrucksvoll in Szene gesetzt werden, die ganze Bandbreite der Affekte von zu Herzen gehenden Kantilenen bis zu aggressiv-dissonaten Einwürfen des Chores, dazu visuelle Illustrationen veranschaulichen die Komplexität und Vielschichtigkeit einer Problematik, für die es keine einfachen Antworten und Lösungen gibt.

Denn der Mensch ist zur Freiheit geschaffen, selbst zwischen Gut und Böse sich zu entscheiden. „Eingeprägt: Verstand, der hinstrebt nach Wahrheit. Eingeschärft: Gewissen, das Licht von Finsternis trennt“, so Gott, dem die Sopranistin Ellen Vos sehr kraftvoll und menschlich eine Stimme gab. Polarisierend dazu der zivilisierte, aufgeklärte und “vernünftige” Realist (Gregor Dippel), der den Allmächtigen mit seiner Ohnmacht konfrontiert, dem freien Willen des Menschen und seiner Zerstörungswut Einhalt zu gebieten. „Weil ihm an Freundschaft lag, gleichrangiger Liebe“, setzt Gott nur seinen eigenen Namen gegen das Chaos ein: „Ich werde da sein.“ So schließt sich poetisch-musikalisch der Kreis mit dem Schöpfungsmythos, eindringlich vorgetragen von einer unbegleiteten Kinderstimme (Lennart Reinelt), mit der das Stück schon begann. Schöpfung als Auftrag und Chance. Jeden Tag neu.

Damit es nicht nur einmalig schönes Erlebnis bleibt, sondern Sehnsucht und die nötige Kraft und Phantasie weckt, das Chaos doch noch zu wenden.(sc)

Wir bedanken uns bei der Sparkasse Koblenz für die freundliche Unterstützung dieser Veranstaltung.