So 6. März 2016 (Bildungs- und Gästehaus)

Frauen eine Geschichte geben. Eine Einladung, der Pfarrerin Ute Hedrich in ihrer Predigt zum Ökumenischen Gottesdienst in der Pallottikirche in Vallendar, der das Partnerschaftsfest “Frauen.Verändern.Welt!” eröffnete, gerne selber nachkam.

Das Ökumenische Partnerschaftsfest von Haus Wasserburg, des GMÖ der evangelischen Kirche im Rheinland und der KHG Koblenz setzt alljährlich ihre Partnerschaften mit Ruanda, den Philippinen und Bolivien in Verbindung mit einem globalen Schwerpunktthema.

Dass die christlichen Kirchen aller Emanzipationsbemühungen zum Trotz auch in unserer aufgeklärten westlichen Welt immer noch stark patriarchalisch geprägt sind, ist eine immer wieder beklagte Tatsache, die aber nicht verhindert, dass starke weibliche Persönlichkeiten und ihre Bedeutung für die Entwicklung der Kirche weiterhin – auch von Frauen – im Windschatten erfolgreich prominenter Männer übersehen oder gar totgeschwiegen wurden und immer noch werden.

Dass es sich lohnt, den Blick auf weibliche Biographien zu werfen, zeigte Hedrich an Beispielen wie der Purpurhändlerin Lydia, Katharina von Bora, der Reformatorin Argula von Grumbach und der Namibierin Urieta Johanna Gertze. Denn viele Frauengeschichten zeigen durchaus alternative Handlungsstrategien zu den ja nun alles andere als heilvollen männlich geprägten Strukturen auf, die in unseren Kirchen immer noch die Macht von wenigen erhalten helfen anstatt Vielfalt und Teilhabe von allen zu ermöglichen, in der die Weite der Botschaft Jesu sich erst entfalten kann.

Welche Perspektiven sich im Zuge der Globalisierung aus der Entwicklung von Frauenbild und Frauenrolle in drei Partnerschaftsländern der beteiligten Organisatoren Haus Wasserburg, Gemeindedienst für Mission und Ökumene der evangelischen Kirchen im Rheinland und der Katholischen Hochschulgemeinde Koblenz ergeben, stand auch im Mittelpunkt der Podiumsdiskussion am Nachmittag, moderiert von Pastoralreferent Guido Groß von der KHG.

Die beiden Journalistinnen Cecilia Laca Sánchez aus Peru und Emmalyn L. Kotte aus den Philippinen berichteten von den unseligen Folgen der langen Kolonialgeschichten ihrer beiden Länder. Bestehende, gut funktionierende egalitäre Lebensformen wurden zerstört und Frauen auf der Grundlage eines fundamentalistischen Weltbilds ihrer Rechte und Würde beraubt, indem man sie auf ihre Rolle als schüchterne, zurückhaltende und sittenstrenge Hausfrau und Mutter reduzierte und in völlige Abhängigkeit bevorrechtigter Männer brachte. Noch heute, lange nach der Unabhängigkeit und proklamierter Demokratie haben Frauen in beiden Gesellschaften mit dem spanischen Erbe des Machismo zu kämpfen, der sich einer tatsächlichen Gleichberechtigung immer noch machtvoll entgegen stellt. Zwar fordern immer mehr Frauen ihr Recht auf Bildung und berufliche Selbstverwirklichung ein und sind der männlich dominierten Wirtschaft auch durchaus als profitable Arbeitskraft willkommen, aber politische und gesellschaftliche Teilhabe und Anerkennung wird ihnen nach wie vor erschwert.

Stabilisiert wird dieses System auch von den Kirchen, die Frauen bereitwillig auf ihre Opferrolle reduzieren und damit umso stärker den Männern ausliefern, die in Gewalt gegen Frauen, in Prostitution und Menschenhandel ihr legitimes Mittel sehen, eine jahrhundertelang genossene Vormachtstellung zu verteidigen. Im G„Verdun, ist die ständige Mahnung, die Idee eines gerechten und friedlichen Europa nicht aufzugeben!“egensatz dazu berichtete Hedrich, die selber sieben Jahre in Namibia gelebt hat, dass die verhältnismäßig kurze Kolonialzeit dort Frauen genügend Selbstbewusstsein gelassen hat, um – ähnlich wie in Südafrika – den Kampf gegen die Apartheid erfolgreich mit dem Kampf gegen die Diskriminierung von Frauen zu verbinden. Gut funktionierende Netzwerke unterstützen mit dezidiert weiblichen Perspektiven den Prozess einer gesellschaftlichen und politischen Erneuerung in einem Land, das noch immer stark mit Rassismus zu kämpfen hat. Der Aufbau solcher Netzwerke, die das Selbstbewusstsein von Frauen stärken und Schutz bieten, fällt in den beiden hispanischen Ländern schwer. Ist es auf den Philippinen vor allem das Beispiel der zahlreichen Exilphilippinas (etwa 10% der philippinischen Bevölkerung lebt im Ausland), die Impulse und den Mut für eine Umgestaltung der Gesellschaft zu mehr Gleichberechtigung geben, geling es, so Sánchez, den Frauen in Peru kaum, sich zu organisieren, ohne aggressive männliche Verhaltensmuster zu kopieren, sondern tragfähige alternative Lebensmodelle für ein besseres Miteinander aufzuzeigen. Vernetzung mit Frauen aus anderen Ländern und Kulturen tut da not, was die Wichtigkeit von Partnerschaftsinitiativen weltweit und hier vor Ort, wie sie an Informationsständen an der Kirche vorgestellt wurden, umso mehr bestätigt. Im Zeitalter der Globalisierung kann die Antwort auf die drängenden Probleme der Menschheit nur Solidarität heißen, die Frauen nicht gegen Männer, Weiß nicht gegen Schwarz, Arme nicht gegen Reiche ausspielt, sondern nach Offenheit und Weite und nicht zuletzt Gemeinsamkeiten in der Verschiedenheit sucht.

Frauenspezifische Gemeinsamkeiten schilderte bei der abendlichen Konzertlesung mit viel Esprit und Humor die nicaraguanische Autorin Gioconda Belli. Ihre Sprecherin und “deutsche Stimme” Viola Gabor übertrug die Auszüge aus dem Roman «Mondhitze» und mehrere Gedichte der Befreiungskämpferin gegen die Somoza-Diktatur mit einer Verve und Lebendigkeit, die dem lateinamerikanischen Temperament in nichts nachstand. Gerne folgte das zahlreiche Publikum aus Männern und Frauen den Erlebnissen und selbstironischen Gedankenkapriolen der Hauptfigur Emma, die in der so gefürchteten Lebensphase der Menopause eine ungeahnte Chance der Befreiung für sich entdeckt und den Roman zu einer leichtfüßigen Emanzipationsgeschichte macht, die nicht nur 50jährige und nicht nur Frauen ermutigt, alte Lasten abzuwerfen und den eigenen Weg zu finden und zu genießen.

Unterstützt wurde dies durch die ebenso leichtfüßigen wie genussvollen Klänge von “Grupo Sal Duo”, die zuvor schon mehrfach am gleichem Ort, aber in anderen Formationen dem Publikum südländische Lebensfreude vermittelt haben. Die lateinamerikanischen Rhythmen von Fernando Dias Costa und Aníbal Civilotti forderten schließlich zu einer spontanen Tanzeinlage einer jungen Togorianierin heraus, nur eins der vielen Zeichen an diesem Tag, welch breite Basis an Gemeinsamkeiten Menschen über die Grenzen von Geschlecht, Rasse, Kultur und Geschichte hinaus eint und zu einem fried- und freudvollen, weil buntem Miteinander weltweit bewegen kann.


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